Fulda. Eine Ausbildung zum Maler und Lackierer?
Schulabgänger in Deutschland entscheiden sich immer seltener dafür. Die Zahl der Ausbildungsverträge ist von rund 10.000 im Jahr 2005 auf aktuell deutlich unter 7.000 gesunken. Bereits heute gibt es einen eklatanten Fachkräftemangel. Was soll da erst die Zukunft bringen? Die soll – keine Frage – bunt sein:
Über Anspruch und Realität bei der Aus- und Weiterbildung in der Maler und Lackiererbranche haben 60 Studierende im Bildungsgang „Staatlich geprüfter Lacktechniker“ diskutiert.
Beim ersten deutschen Fachschulkongress Ende September in Fulda trafen die angehenden Führungskräfte in Handwerk und Industrie auf Lehrer der sieben deutschen Fachschulen Farbe. Gemeinsam wollen sie Impulse geben für Aus- und Weiterbildung. Die gemeinnützige Sto-Stiftung fördert die Fachschultage finanziell, kommunikativ und inhaltlich. Die gemeinsame Veranstaltung der Fuldaer Ferdinand-Braun-Schule, der Wilhelm-Ostwald-Schule in Berlin, der Fachschule Farbtechnik in Hamburg (Gsechs), der Walter-Gropius-Schule in Hildesheim, der Badische Malerfachschule Lahr, Städtischen Fachschule für Farb- und Lacktechnik in München und der Schule für Farbe und Gestaltung Stuttgart diente einer ersten Bestandsaufnahme.
Wer streicht den Handwerks-Boden golden?
Aus der Wissenschaft gab es wichtige Impulse für die kritische Auseinandersetzung mit Ausbildungsinhalten und -methoden. Professorin Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability in Ludwigshafen verknüpfte in ihrem Vortrag positive Perspektiven im Malerhandwerk mit hohen fachlichen und menschlichen Anforderungen, vor allem an künftige Betriebsinhaber:
„Die Fähigkeit zur Personalgewinnung und -motivation entscheidet über den Erfolg Ihres Betriebs.“ Pump ermunterte die Studierenden, ungewöhnliche Wege zu beschreiten. Anders sei – aus Sicht der führenden Expertin für Personalmanagement – dem Fachkräftemangel im Handwerk nicht beizukommen.
Wie tickt Deutschlands Jugend der Zukunft?
Professor Klaus Hurrelmann von der Hertie School of Governance attestierte den zwischen 1985 und 2000 Geborenen den Anspruch an ein modernes, hierarchiearmes Arbeiten auf Augenhöhe, jenseits starrer Konventionen. Die „Generation Y“ habe laut Deutschlands bekanntestem Jugendforscher den Wunsch nach Erfüllung durch sinnhafte Arbeit und nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Digitalisierungstrend im Handwerk – kaum bemerkt?
Holger Jahn, Professor an der Fachhochschule Potsdam,
regte den Nachwuchs an, sich mit der im Handwerk scheinbar wenig beliebten Digitalisierung aktiv auseinanderzusetzten.
Er sehe keine Alternativen zu diesem Megatrend – erst recht nicht im Handwerk. Ob Roboter oder Drohnen, 3D-Druck oder automatisiertes Fahren, in vielen Bereichen lassen sich Tätigkeiten schneller, präziser und preiswerter erledigen. Der Experte für Mobilität und Gestaltung ermunterte die Fachschüler, den Trend beruflich zu nutzen: „Spezialisieren und vernetzen Sie
sich mit Kollegen, schauen Sie über den Tellerrand. Werden Sie in Ihrem Feld der Beste, statt auf jeden Fall den Kampf um den billigsten Anbieter zu verlieren.“
Ein Podium aus Hochschullehrern und ehemaligen Absolventen der Fachschulen
diskutierte die vielfältigen Karrierewege. Denn neben dem klassischen Handwerk gibt es Berufsperspektiven in der Industrie, der beruflichen Bildung oder der akademischen Forschung. Die Diskussion geht weiter In Workshops entwickelten die Studierenden kontroverse Thesen, die im Plenum debattiert wurden. Ferdinand Weimpert, Fachschule Stuttgart, konstatierte selbstkritisch einen deutlichen Mangel an Innovationsfreude, meinte aber auch, das Handwerk sei bedeutend besser als sein Image. Nele Oldenburg und Jens Adrians von der Fachschule Hildesheim forderten eine neue Sicht auf die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie. Starre Arbeitszeiten, autoritäre Führung und mangelnde Einbeziehung in betriebliche Entscheidungen schreckten ebenso ab. Gefordert seien auch die Fachschulen selbst, postulierten Jessica Großekathöfer und Simon Ullmann für die Gsechs Fachschule Farbtechnik in Hamburg. Die Digitalisierung sei in Unterrichtsplanung, Ausbildungsformaten und Prüfungsformen noch nicht angekommen. Auch an Vernetzung zwischen den Schulen mangele es derzeit noch.
In einem Manifest werden die Thesen aus dem Plenum bis zum Jahresende zusammengefasst. Für Stiftungsrat Konrad Richter hat die Veranstaltung wichtige Impulse gesetzt: „Wir haben in Fulda mit viel Engagement diskutiert. Mit dem Manifest steigen wir in die Diskussion über einen geänderten Führungsstil im Handwerk, über modernes handwerkliches Management und über eine veränderte Kundenorientierung mit allen Akteuren der Branche ein. Ich freue mich sehr, dass die Fachschulen das Format in zwei Jahren fortsetzen wollen.“ Weitere Informationen unter www.sto-stiftung.de.
Textquelle: www.pr-grosse.de